Das konstruktivistische Paradigma, Zusammenfassung SB

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Das konstruktivistische Paradigma

-Konstruktivismus bzw. Konstruktionismus-Vorläufer konstruktivistischen Denkens: Kant, Giambattista Vico, Hans Vahinger- Geschichte der Psychologie "durchzogen von mehr oder weniger expliziten Bezugspunkten zum Konstruktivismus"- bestimmte Prozesse schon immer als aktive Konstruktionsprozesse, statt als passive Abbildungen der Welt aufgefasst z.B. Lernen, Denken (vgl. kognitionspsychologisches Paradigma)- Spielarten des Konstruktivismus: Kunst (1920 er, Russland) & philosophische Logik - Es gibt drei Variationen des Konstruktivismus:    personaler Konstruktivismus    radikaler Konstruktivismus    sozialer Konstruktivismus PERSONALER KONSTRUKTIVISMUS- v.a. Psychologie personaler Konstrukte von George Kelly; Persönlichkeitspsychologie --> Der Mensch als Wissenschaftler( Hypothesen über sich und die Welt; Überprüfung; Menschen mit psychischen Problemen = schlechte Wissenschaftler; hypothetische Konstrukte wie Brille mit der wir die Welt betrachten; lassen sich nicht vollständig auf Beobachtung zurückführen)--> reflexive Möglichkeiten und Potenziale des Menschen betont-Konstruktionstheorie reflexiv auf sich selbst anwendbar-Kelly: personale Konstrukte = dichotom, z.B. ängstlich vs. mutig (vgl. persönlichkeitspsychologische Konstrukte)-Reflexionsprozess nach Kelly nicht immer verbal repräsentiert und logisch; immer von Emotion begleitet (also KEIN rationalistisches Menschenbild)-Angst als Zeichen, dass das Konstruktsystem einer Person nicht ausreicht, um gegebene Ereignisse angemessen zu interpretieren-Kelly's erkenntnis-bzw wissenschaftstheoretische Position= "konstruktiver Alternativismus" mit zwei GrundannahmenDie zwei Grundannahmen des konstruktiven Alternativismus:1. Die Realität existiert, aber kann nur von Menschen erkannt, interpretiert und bewertet werden (also nur in sofern erkennbar)daraus folgt 2. es gibt keine absolute Wahrheit, nur mehrere alternative Interpretationen (kann man konstruieren und auswählen)"Events do not tell us what to do, nor do they carry their meanings engraved on their backs for us to discover. For better or worse we ourselves create the only meaning they will ever convey during lifetime" (Kelly)-Wirklichkeit ist nicht interpretationsfrei; wir können nur Annahmen über sie machen und dann herausfinden ob diese Annahmen brauchbar/nützlich sind- Kelly : positive Sichtweise zur Entwicklung bzw. Veränderung von Persönlichkeit: Der Mensch kann immer wieder neue, alternative Sichtweisen entwickeln (nicht Gefangener der Erfahrung)Gegenteil des konstruktiven Alternativismus nach Kelly: akkumulativer Fragmentalismus (Sammeln von Wahrheitssplittern; gängige Forschungspraxis)RADIKALER KONSTRUKTIVISMUS-Ansätze ursprüngl. aus Naturwissenschaften-Vertreter: Begründer Ernst von Glauserfeld und Heinz von Förster; Biologie: Humberto Maturana, Francisco Varela; Physik: Hermann Haken; Chemie: Ilya Prigogine-radikaler Konstruktivismus in der Psychologie zunächst auf Psychotherapie beschränkt (systemische Theorien und Therapieformen; heute auch Selbstorganisationstheorien)-Erkenntnistheoretische Position des radikalen Konstruktivismus: Gegenposition zum naiven Realismus (Welt existiert unabhängig von Beobachter; kann erkannt werden) vs. radikaler Konstruktivismus: DIE WIRKLICHKEIT WIRD NICHT GEFUNDEN SONDERN ERFUNDEN-Wahrnehmungen und Erkenntnisse sind subjektive Konstruktionen (ohne zu leugnen, dass es eine Welt "da draußen" gibt)-neurobiologisch fundierte Erkenntnistheorie; Nervensystem mit Merkmalen und Funktionsprinzipien als Erklärungsgrundlage-Selbstreferenz (Sich zu sich verhalten; System nimmt auf sich selbst Bezug in der Konstitution ihrer Elemente und elementaren Operationen): Das Gehirn als selbstreferenzielles System konstruiert als neuronalen Impulsen eine subjektive Welt-und Selbstsicht-Selbstorganisation und Autonomie des Nervensystems gegenüber der Umwelt (von innen durch Netzwerk, nicht von außen durch Umwelt, determiniert); Ordnungsbildung des Systems aus sich selbst heraus-Maturana: Autopoiese = Selbstreferenz im Hinblick auf die Produktion und Reproduktion der Systemelemente; Systeme sind operational geschlossen-Das System selegiert relevante Reize (--> Umweltkontakte benötigen ein selbstreferentielles System zur Aufrechterhaltung ihrer Existenz) (nur bestimmte physikalische Reize stimulieren unser Nervensystem)Beleg für die Autonomie des Nervensystems von der Umwelt "was durch die Sinnesorgane an Erregungen ins Gehirn gelangt ist fast verschwindend gering gegenüber dem, was insgesamt an Verarbeitungsprozessen im Gehirn stattfindet"-Selbstreferenzielle Systeme nur begrenzt bzw. gar nicht von außen steuer- und vorhersagbardennoch: selbstreferenzielle Systeme sind deterministisch (wg. Interaktion ihrer Komponenten) ; nicht von der Umwelt isoliert-Alternative zum Kriterium der Wahrheit = "Passen statt stimmen; Kriterium der Passung bzw. Variabilität"--> Wirklichkeitskonstruktion muss nicht stimmen (wahr sein) sondern passen (cf. Schlüssel Schloss Analogie)Kritik am radikalen Konstruktivismus:1. Selbstwiderspruch (neurobiologische Begründung vs. erfundene Welt)2. Tendenz, Unterschiede in Positionen zu betonen, Gemeinsamkeiten zurücktreten zu lassen3. nimmt Mainstream-Konzepte nicht ernst s. Intervention vs. auf radikalem Konstruktivismus fußende systhemische Therapie (Verhalten von menschen prinzipiell unvorhersehbar; "nicht-triviale Maschine" v. Heins von Foerster zu Grunde gelegt -d.h. 100 % Treffsicherheit)SOZIALER KONSTRUKTIVISMUS-kein einheitliches Paradigma, sehr vielfältig-umstrittene Bewegung in der amerikanischen Sozialpsychologie-va. vertreten von Kenneth Gergen ("Social psychology as history"/ sozialer KonstruktiONismus-vor Gergen : Berger und Luckmann (1966, Soziologen)- "The social construction of reality"-Vertreter des sozialen Konstruktivismus: Gergen, Berger, Luckmann (s.o.), Rom Harré, Hubert Herrmanns; in Deutschland: Hans Westmeyer und die "Bochumer Arbeitsgruppe für sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung"-Gergen: Konstruktionismus statt Konstruktivismus, um den Unterschied seiner Position zu den eher individualistischen Positionen des personalen und radikalen Konstruktivismus zu markieren-Gruppe sozialer Konstruktivisten sehr heterogen (Psychologen in der Minderheit; disziplinärer Hintergrund und Ziele variieren stark)-Grundlegendes Axiom des sozialen Konstruktivismus: Auffassung, dass Wissen über die Welt und uns selbst das Resultat sozialer Austausch-und Aushandlungsprozesse ist. (dennoch: die Welt an sich existiert)ANTIREALISMUS- Wissen ist nicht durch irgendeine objektiv gegebene Welt determiniert, sondern lediglich innerhalb sozialer Interaktion erzeugt.-Wir sollen unsere Aufmerksamkeit auf die Prozesse richten, die unsere Beschreibungen objektiv machen-"Soziale Konstruktivisten untersuchen, wie Faktoren entstehen, bzw. sich erhärten, also die Transformation von Annahmen in etabliertes Hintergrundwissen innerhalb eines Felds."-Studie: Soziologin Karin Knorr-Cetina; anthropologische Feldforschungen; APA Manual vs. Realität tatsächlicher Forschungsprozesse-Interesse, wie das sozial konstruierte Wissen soziale Wirklichkeit erzeugt (how are accounts built?/ how do accounts build the world?)RELATIVISMUS:-jegliches Wissen abhängig von historischen, kulturellen, ideologischen Kontexten- Es gibt kein objektives, absolutes WissenWISSEN UND MACHTauch wissenschaftliches Wissen ist von sozialen Konventionen, moralischen Wertvorstellungen und Machtverhältnissen abhängig (s. Signifikanzniveau-Festlegung; soziale Konvention nimmt unmittelbar Einfluss auf die empirische Bewährung einer zu prüfenden Hypothese)SPRACHE ALS FORM SOZIALEN HANDELNSs. Ludwig Wittgenstein, John Austin-Sprache ist Form sozialen Handelns und nicht nur Instrument-Wenn wir sprechen, dann bezeichnen wir nicht nur etwas, sondern wir tun manchmal auch etwas-Implikation, dass schon beim Aussprechen neue Tatsachen in der Welt geschaffen werden; s. Diskursanaylsen/ diskursive Psychologie-die Begriffe, die wir verwenden, werden nicht von den Objekten der Beschreibungen diktiert-Begriffe sind soziale Artefakte, die wir über die Zeit ausgehandelt haben-Jede Beschreibung der Welt und des Selbst wird nicht durch ihre objektive Validität, sondern durch die Unwägbarkeiten sozialer Prozesse aufrechterhalten-Die Bedeutung und die Funktionen von Sprache werden in den "Sprachspielen" sozialer Gemeinschaften festgelegtPOST-EMPIRISMUS/ ANTI-EMPIRISMUS (v.a. GERGEN)Die Durchsetzung von Theorien hängt nicht von deren empirischer Bewährung ab, sondern von den Eventualitäten sozialer Prozesse (Kommunikation, Verhandlung, Konflikt, Rhetorik)-Interpretationen sind unbestimmt, es gibt immer alternative Interpretationen zu der Frage, was ein bestimmtes Verhalten bedeutet--> Psychische Zustände und Dispositionen hängen von nicht-empirischen linguistischen Konventionen ab ("Whether or not one uses the term jealousy does not depend on what is "actually the case", but on local conventions of naming or indexing pattern of events")--> sozialer Konstruktivismus nicht methodenfeindlich, sondern methodenkritisch-es kann jede Methode verwendet werden, solange nicht "die Wirklichkeit" postuliert wird und im Sinne universalistischer Prinzipien beschrieben wird- aber: empirische Forschung aus sozialkonstruktivistischer Perspektive bevorzugt dialogische, narrative und diskursanalytische MethodenANTI-INDIVIDUALISMUS-Mainstream der Psychologie in der westlichen Kultur verankert ; Fokus auf das Individuum; Psychische Phänomene wie Denken, Erinnern oder Emotionen sind Merkmale des Individuums -nun: PRIMAT DES SOZIALEN; Denken, Erinnern und Emotionen werden als Phänomene verstanden, die im Zuge sozialer Abstimmungsprozesse (va. sprachl. Austausch) konstruiert werden-"selves are only realized as a byproduct of relatedness"-Vorstellung eines monolithischen, einheitlichen Selbst wird die Idee eines kontextabhängigen Selbst gegenübergestelltKritik und Schwächen des sozialen Konstruktivismus1. Relativismus als selbstzerstörende Waffe; (da Wissen kontextabhängig und nichts ultimativ wahr- warum traditionellen Empirismus verwerfen und sozialen Konstruktivismus stattdessen anwenden?)2. Probleme durch das Verschwinden des Subjekts (welches Subjekt kritisiert denn eigentlich?)3. Parasitäre Beziehung zum Mainstream (definiert sich durch Mainstream, da Gegenposition dazu; benötigt Mainstream--> vgl. Söderqvist)

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