Was ist der Unterschied zwischen Pädagogik, EW und BiWi?
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Pädagogik hat einen personaleren Bezug, EW hat eine eher empirische Komponente, BiWi ist interdisziplinär und vereint Theorie und Praxis innerhalb und außerhalb von Institutionen.
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Nenne Teildisziplinen der BiWi!
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Erwachsenenbildung, Sonderpädagogik, Medienpädagogik, Schulpädagogik etc.
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Nenne forschungsorientierte Unterteilungen der BiWi!
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Historische Bildungsforschung, international und interkulturell vergleichende EW, empirische Bildungsforschung, Schulpädagogik, Sonderpädagogik etc.
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Nenne Praxisfelder der BiWi!
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Schulen, Beratungsstellen, Betriebe, VHS etc.
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Geschichte der BiWi Antike bis 19./20. Jhd.
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Antike: Erziehung/Bildung als theoretisch-philosophische Reflexion; 1779: Pädagogik als Universitätsfach; Bedeutungszuwachs wg. Institution Schule u. Aufklärung; 1806: erste Systematisierung durch Herbart; 1813/14: Schleiermacher; 1888: Dilthey; Professuren meist mit Philosophie, Psychologie, Philologie gekoppelt; Rahmen: Lehrerbildung
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Geschichte der BiWi bis heute
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Einzeldisziplin an Unis; von 38 Professoren (nach 2. WK) bis knapp 1000 (1984); "Pädagogik" bis 19./20. Jhd., "EW" zunehmend in 1960er; Brezinka fordert empirisch-analytische statt hermeneutische Methode; 2 Forschungsrichtungen: philosophisch-reflexiv (Sinn, Bedeutung) u. empirisch-positivistisch (beobachtbar)
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Beschreibe die theoretisch-philosophische Perspektive!
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Die theoretisch-philosophische Perspektive schließt kritisch-analytische, hermeneutische oder phänomenologische Reflexionen ein z.B. anthropologische u. soziokulturelle Voraussetzungen, Beweisverfahren, ökonomisch-politische Bestimmungen.
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Beschreibe die empirisch-erziehungswissenschaftliche Forschung!
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Es ist die methodische Herstellung von Wissen über Wirklichkeitsbereiche für kausal-analytische Zusammenhänge z.B. Untersuchung von Bildungssystemen, historische Materialien, Biographien.
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Was ist Wissenschaft?
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Wissenschaft versucht Phänomene und Zusammenhänge verstehbar und erklärbar zu machen; Aussage über Gegenstandsbereich; Zugriff methodisch gelenkt (empirisch, hermeneutisch-kritisch); Orientierung an Paradigmen; kontinuierliche Weiterentwicklung über Revisionsprozesse; fortschreitende Annäherung an sog. Wahrheit
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Was sind Paradigmen (in der BiWi)?
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allgemeingültig herrschende Voraussetzungen (z.B. Mensch ist "Gottesknecht", Mensch ist "Selbstliebhaber"; aktuell: Orientierung an säkularisierter Weltdeutung, kritisch-aufgeklärter Ethos)
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Theorie
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Zusammenhang von Vorstellungen und ihren Begründungen
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Theorie in der BiWi
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Abgrenzung von Phänomenen untereinander, Verstehen der pädagogischen Dimension
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Unterschied zwischen Meinen, Glauben, Wissen
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Meinen: keine Sicherheit, keine Erwartungshaltung zur Zustimmung; Glauben: stärkere Überzeugung, subjektiv, nicht belegbar; Wissen: im Anspruch objektiv gewiss; wissenschaftl. Wissen: intersubjektiv begründbar, auf Zustimmung der wissenschaftlichen Gemeinschaft angewiesen
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pädagogisches Alltagswissen
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einziges Geltungskriterium ist Beitrag zur Bewältigung des Alltags (Laienwissen), Begründung ist die eigene Sozialisation, Familie, Freunde, Medien
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Professionswissen
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Voraussetzung: Studium, Erwerb im Berufsalltag, Problemlösung vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Konzepte
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wissenschaftliches Wissen in der Bildung
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Erwerb in der Beschäftigung mit der Wissenschaft von Bildung; Voraussetzung für Professionswissen; kritisch-analytisch; schafft Distanzen, die für eine reflektierte Sicht der Praxis notwendig sind
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Was sind Grundbegriffe (in der BiWi)?
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Begriffe, die in der Wissenschaft selbst nicht mehr abgeleitet werden; zentrale ordnungs- und sinnstiftende Kategorien der Theoriebildung; Festlegung durch ständige Ableitung auf diese Begriffe im Rahmen der bildungswissenschaftlichen Diskurse; Fassung von Problemfiguren; Begründung und Abgrenzung von nicht theoretisch fundierten Verwendungsweisen; (BiWi: Erziehung, Bildung, Sozialisation)
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Erziehung - verbreitete allg. Vorstellung
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gelungene Integration in Gesellschaft und Kultur; Ausgleich von Defiziten; Korrektur; Stabilisierung von Welt, Gesellschaft, Kultur
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Erziehung - Ansätze: Arendt
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Erziehung als permanente Erneuerung der Welt, konservative Erziehung zum Schutz des Alten vor dem Neuen und umgekehrt
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Erziehung - Ansätze: Bernfeld
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Reproduktion von Gesellschafts- und Machtstrukturen, Reaktion der Gesellschaft auf Entwicklungstatsache
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Erziehung - Ansätze: Kant
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Paradoxon Freiheit (Selbständigkeit und Neues) vs. Zwang (Grenzen, Regeln, Unterordnung)
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Erziehung - Ansätze: Adorno
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Förderung der kritischen Selbstreflexion und Autonomie, Bewegen zur Mündigkeit
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Problematik der Erziehung
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kein verlässlicher Intention-Wirkung-Übergang, Mensch kann nicht erzieherisch nach Plan geformt werden; Perspektive Erzieher-Erziehender unterschiedlich, Fertiges trifft auf Werdendes (s. Kafka "Hand" und "Material"), oft Erfahrung als Machtverhältnis (auch Willkür)
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Erziehungsbegriff in Abgrenzung zum Bildungsbegriff
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Erziehung: Verbindung mit Zucht, Disziplin, Unterordnung, Einordnung, Eingewöhnung, Kultivierung, Zivilisierung, Anpassung, machtstrukturiertes Verhältnis unter Maßgabe der Förderung
Bildung (in Abgrenzung): mündige Lebensführung, Selbstgestaltung
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Erziehung - Herleitung
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jüdisch-christl. "musar": Zucht und Disziplinierung mit dem Ziel uneingeschränkten Gehorsams; griechisch "paideia": freie Selbstentfaltung
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Erziehung - Spannungsfelder
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Zwang/Freiheit, Fremd-/Selbstbestimmung
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Erziehung - Rahmen
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hierarchisch höherstehende Instanz (z.B. Gott, Familie etc.)
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implizite Anthropologeme
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bestimmen herrschende Vorstellungen vom Menschen insbes. vom Kind; im Kontext von anthropologischen Fiktionen von Mensch, Gesellschaft, Kultur und Welt; gebunden an historische Vorstellungen und alltägliche Erfahrungen; Basis für Erziehungsmetaphoriken
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implizite Anthropologeme - Rousseau
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Mensch ist von Natur aus gut, Gesellschaft und Zivilisation verderben ihn
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implizite Anthropologeme - Pestalozzi
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Mensch ist von Natur aus "träg, unwissend, unvorsichtig, unbedachtsam, leichtsinnig, leichtgläubig, furchtsam und ohne Grenzen gierig" und in der Folge "heimtückisch, misstrauisch, gewaltsam, rachgierig, grausam"
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implizite Anthropologeme - Herder
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Mensch unterliegt der Vernunft, Freiheit und Humanität, "er kann forschen, er soll wählen"
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Erziehungsmetaphorik "Wachsenlassen"
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Gärtner - Pflanze: natürliche Anlage und Entwicklung des Menschen, in die erzieherisch eingegriffen werden muss; Verbesserung der Natur/des Menschen
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Erziehungsmetaphorik "Führen"
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Hirte ("Anwalt des Kindes") - Geführter (hilflos): Unterordnung zum eigenen Wohle, Schutzfunktion, ausschließlich hierarchisch, Zögling hat blind und auch gegen seinen Willen zu folgen
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Erziehungsmetaphorik "Prägen und Füllen"
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Belehrender - leeres Blatt, Gefäß: Zeitfenster für bestimmte Prägung, Prägephasen; Inhalt entstammt 100% dem Erzieher
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Erziehungsmetaphorik "Schöpfung und Zeugung"
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Schöpfer - Träger einer heilsversprechenden, besseren Zukunft (auch: Architekt, Baumeister - Werk): Zeugung einer neuen Generation (Schleiermacher); Zeugung des Schönen, Hinlenkung zur Wahrheit (Platon); Zögling trägt Wunsch nach Wissen in sich, Erzieher muss die Wahrheit herausziehen (Sokrates); Reformpädagogik: Anspruch eines Neuen Menschen (Key); Erzieher "schafft" das gut erzogene sittliche Kind
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Erziehungsmetaphorik "Licht und Erweckung"
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Aufklärer - Geschöpf Gottes: Erkenntnis, Wahrheit; Zögling trägt Möglichkeit zur Erkenntnis in sich, Licht muss entzündet werden; mitunter indoktrinär ("richtige" Wahrheit)
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Erziehungsmetaphorik "Zähmen und Disziplinieren"
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Disziplinierender - Mensch im Naturzustand, Tier: Natur muss beherrscht und gebrochen werden, Kultivierung, Triebe/Begierden steuern und beherrschen, Körper wird zum Medium der Disziplinierung, Gehorsam ggü. Regeln/Normen/Gesetzen, Funktionieren als gesellschaftl. Glied; in der Praxis: drastische Strafen zur Brechung des Eigenwillens
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Erziehungsmetaphorik "Spiel und Regeln"
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Schiedsrichter: Einübung von Spielregeln, Spielraum für freiheitl. Entscheidungen, Regeln als Subjekt des Erziehens (entspricht Kontrollgesellschaft)
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normative Implikationen und ihre Problematik
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Unterordnung unter Kultur, Gesellschaft, Tradition, Gebot Gottes usw.; müssten expliziert statt als gegeben angenommen zu werden (Reflexion über Machtstrukturen und unterschiedl. Praktiken der Disziplinierung)
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funktionale Erziehung + Fragestellung
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nicht intendierte Einflüsse z.B. Gesellschaft, Medien, Freunde; Ist Erziehung Absicht oder Wirkung?
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intentionale Erziehung + Fragestellung
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absichtsvolles Tun; Können Erzieher ihr gesamtes Handeln explizieren? Was ist mit Absicht/Methoden ohne Wirkung? Was ist mit nicht-intendierten Folgen?
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Möglichkeit der Differenzierung in der Erziehung (Begriff) und Probleme
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nur beobachtbare Wirkung in Ursache-Wirkungs-Relation (planvolles Unternehmen ausgeschlossen, da Wirkungsbetrachtung vor Intentionsbetrachtung); Probleme: unerwünschte Wirkungen, Legitimation des Gewünschten
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intentionale und funktionale Erziehung im Zusammenhang
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in Absicht-Wirkung Differenzierung von Subjekt-Objekt: wissenschaftstheoretisch nicht zwei Begriffe, sondern unterschiedl. Perspektiven (intersubjektive Nichttrennbarkeit)
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