Die Was-lief-gut-Übung (Count Your Blessings)

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Übung
ines-tetzlaff
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ines-tetzlaff
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Unser Gehirn hat glücklicherweise die Tendenz, belastende Dinge kleiner und weniger belastend in unserer Erinnerung zu gestalten. Bei einer Südostasien-Tour am ersten Tag in Indien ausgeraubt zu werden, war für mich verstörend und ließ mich für geraume Zeit an den Menschen zweifeln und in jedem einen Dieb sehen. Unfair gegenüber den zwei, drei anderen Indern, die noch in diesem großen Land wohnten, aber irgendwie menschlich. Im Nachhinein ist es eine der Geschichten, die ich am liebsten zum Besten gebe. Speziell die Zukunft sieht für den Großteil der Menschheit düster aus. Aber am Ende war alles häufig halb so schlimm wie erwartet. Trotzdem denken wir – gerade im Kontext der Arbeit – viel öfter darüber nach, was falsch und schlecht läuft, wo wir uns verbessern könnten oder vielleicht sogar sollten. Wir sehen überall Defizite und vergleichen uns gerne mit denen, die besser sind. Und uns interessiert dabei nicht, wenn sie schon zehn Jahre mehr Erfahrung bei genau dieser Sache oder diesem Job haben. Vorsichtig ist der Elefant im Porzellanladen Die Vorfahren von uns, die sich im Sonnenschein den summenden Bienchen gewidmet haben und sich die Sonne auf den Bauch schienen ließen, während andere sich für den harten Winter oder einen Krieg mit dem Nachbarstamm vorbereiteten, haben nicht überlebt. Die Nachkommen der Vorsichtigen, die immer auf Gefahr und Katastrophen getrimmt waren, sitzen heute neben uns in der Bahn, am Arbeitsplatz, im Café. Und jeder von ihnen hat eine Geschichte, die dieses vorsichtige Verhalten auch heute noch rechtfertigt. Natürlich ist es oft auch sinnvoll, seine Fehler zu analysieren und zu schauen, wie es beim nächsten Mal besser geht („Fehler“ sind gleichzeitig auch „Helfer“). Wachstumsschmerzen sagte der Arzt zu uns Kindern damals. Allein die Dosis macht das Gift.–Paracelsus Aber irgendwann ist es genug mit dem Schwelgen über die Fehler und die schlechten Dinge im Leben. Zu viel ist Gift und führt häufig zu Angstzuständen und Depression. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes betrugen die Krankheitskosten durch Depressionen 2008 rund 5,2 Milliarden Euro. Das ist eine stolze Summe, interessiert aber die betroffenen Kranken herzlich wenig. Um sich nicht den Kopf über „Was ist denn zu viel?“ zu zubrechen, sondern dieser auf das Negative fokussierenden Tendenz unseres Gehirns etwas entgegen zu setzen, gibt es eine wunderbare Übung, die sich genau mit dem beschäftigt, was gut läuft. Materialien: Stift und Papier neben ihrem Bett. Für die iPhone-Besitzer kann ich auch die wunderbare App Momento empfehlen. Dauer: 10 Minuten pro Tag. Durchführung: Nehmen Sie sich für die nächste Woche jeden Abend 10 Minuten vor dem Zubettgehen, in denen Sie die drei Dinge aufschreiben, für die Sie dankbar sind. Und auch, warum. Schreiben Sie diese kurzen Stichworte in ein Tagebuch oder in Ihren Computer. Wichtig ist nur, dass Sie diese Dinge physisch festhalten und später noch darauf zurückgreifen können. Es brauchen keine weltbewegenden Dinge sein. „Meine Frau hat mir doch noch einen Zupfkuchen-Joghurt übrig gelassen.“ ist genauso ‚richtig‘ wie „Ich habe heute meinen Job gekündigt!“ Im zweiten Schritt schreiben Sie bitte auf, warum das gute Ereignis stattgefunden hat. „Weil meine Frau weiß, wie sehr ich Zupfkuchen-Joghurt mag und das dieses Mal nicht vergessen hat.“ oder auch „Weil ich meine Leidenschaft und den Mut für diesen Schritt gefunden habe!“ Die Gründe aufzuschreiben, fühlte sich anfangs zumindest für mich seltsam an. Weil ich es nicht gewohnt bin, gute Ereignisse mit mir oder meinem Einfluss in Verbindung zu bringen. Weil ich gelernt habe, das „Eigenlob stinkt“. Behalten Sie aber diesen zweiten Teil der Übung auf jeden Fall bei. Man gewöhnt sich sehr schnell daran. Und die Chancen tehen gut, dass Sie es nach einer Woche nicht mehr sein lassen können. Eigene Erfahrungen mit dieser Übung: Ich habe diese Übung zuerst ohne das Festhalten der Gründe und auch nur mit einer guten Sache pro Tag begonnen und selbst an vermeintlich schlechten Tagen immer noch positive Ereignisse aufschreiben können. Das war (und ist immer noch) eine sehr stärkende Erkenntnis, die mich dankbar stimmt. Als ich anfing, drei schöne Erlebnisse festzuhalten, verschob sich mein Fokus automatisch auch auf die kleineren Dinge. Das Lächeln eines Kindes, das unter dem Arm seiner Mutter hervor schaut. Ein Anruf eines Freundes. Das nette Gespräch beim Mittagessen mit einer Kollegin. Und das Schöne: Ich merkte nach einer Zeit schon während des Tages, wann etwas für Sie Schönes passiert. Und das wiederum beeinflusst den Rest des Tages ebenfalls in entscheidend positiver Weise. Eine interessante Erkenntnis aus der Forschung zum Schluss: die Forscher um Sonja Lyubormirsky (Lyubomirsky, Sheldon, Schkade, 2005) fanden heraus, dass der Gewinn dieser Übung stärker ist, wenn man sie nur einmal pro Woche ausführt, z.B. am Sonntagabend. Ein Grund dafür wird in der Langeweile vermutet, die einige der Probanden nach einer Weile des Ausführens gehabt haben könnten. Ich für meinen Teil habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass das tägliche Aufschreiben mir Routine bringt, einen Rhythmus und den genannten Fokus auf die positiven Dinge. Aber das Herausfinden, was für Sie am besten funktioniert, überlasse ich Ihnen… Gutes Gelingen!

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